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GOLFPLÄTZE IN GEFAHR

Warum der Grundsteuerbescheid zur Existenzfrage werden kann

Ziel der bundesweiten Grundsteuerreform, die seit Anfang des Jahres in Kraft ist, war eine fairere, transparente Besteuerung – doch sie droht manche Golfplätze in den Ruin zu treiben. Arno Malte Uhlig, Präsident des Bayerischen Golfverbands und Vizepräsident des Deutschen Golf Verbands, erklärt im Interview, warum die neue Regelung für die Betreiber vieler Plätze in Bayern problematisch ist – und was sie gegen eine zu hohe Grundsteuerlast tun können.

Herr Uhlig, 2025 muss erstmals die neue Grundsteuer bezahlt werden. Wie wird sie in Bayern für Golfplätze berechnet, die ja nicht als landwirtschaftlich genutzte Flächen gezählt werden?
In dieser Frage liegt genau die Problematik. Das bayerische Grundsteuergesetz bewertet eben nicht die wirtschaftliche Grundstückseinheit Golfplatz, sondern einzelne Grundstücke. Der Gesetzgeber beruft sich hier pauschal auf das Bewertungsgesetz, den Paragrafen 11, und der besagt: ‚Nur, wenn die Grundstücke aus einer Hand sind, wird das als wirtschaftliche Einheit anerkannt. Wenn die Grundstücke nur im Rahmen eines Pachtvertrags einheitlich genutzt werden, gilt das nicht als wirtschaftliche Einheit.‘

Warum ist es so wichtig, dass die Grundstücke eines Golfplatzes von einem Verpächter stammen?
Nur bei Flächen, die einen Hektar (10.000 qm) überschreiten, wird eine Grundsteuervergünstigung gewährt. Da wird dann eine Potenz hoch sieben berechnet, sodass sich die Kurve extrem abflacht. Ein Beispiel: Wenn etwa die Bayerische Schlösser- und Seenverwaltung die Grundstücke für eine 70 Hektar große Golfanlage verpachtet, dann kommt maximal ein Grundsteuermessbetrag von 9.000 Euro raus. Wenn aber die Grundstücke aus verschiedenen Händen, also von verschiedenen Pächtern, stammen, dann gibt es diese Grundsteuervergünstigung nicht. Das heißt, jedes einzelne Grundstück wird einzeln nach dem neuen Grundsteuerverfahren gewertet. Das Grundsteuerverfahren selber ist relativ einfach: Man nimmt die Grundstücksgröße und multipliziert sie mit der Referenzzahl von 0,4. Und wenn die Fläche, die man verpachtet hat, 10.000 Quadratmeter übersteigt, dann bekommt man für den übersteigenden Betrag auch die Steuervergünstigung. Wenn ich jetzt aber einen Golfplatz habe, der aus 70 Einzelgrundstücken verschiedener Eigentümer besteht – auch in Summe 70 Hektar – dann komme ich da auf einen Grundsteuermessbetrag, der um das 16-fache höher liegt als im Beispiel mit nur einem Eigentümer.

Warum das die Existenz der Golfplätze gefährdet…
…ist aus der Erläuterung, die ich gegeben habe, völlig evident. Je nachdem wie der Hebesatz ausfällt, muss die eine Golfanlage eine Grundsteuer gewärtigen, die fast sechsstellig sein kann. Während die andere Golfanlage – selbst wenn sie im teuersten Gebiet von Deutschland am Starnberger See liegt, aber aus einer Hand stammt – einen Appel und ein Ei an Grundsteuern zahlt.

Betrifft das auch gemeinnützige Golfclubs, die ihre Fläche selbst besitzen?
Nein. Wenn der gemeinnützige Golfclub Eigentümer des Golfplatzes ist, dann ist der fein aus dem Schneider. Davon gibt es nicht viele, aber es gibt sie. Die meisten Golfplätze basieren eben auf Pachtverträgen. Wenn der gemeinnützige Verein aber Pächter der Golfplatzgrundstücke ist, betrifft ihn das Problem genauso wie die anderen Golfplatzbetreiber. Die Schwierigkeit ist, wenn ich mal ein Beispiel nehme aus einer Region in Bayern, die nicht so wohlsituiert ist wie Starnberger See oder Voralpenland, wenn ich mal in die Fläche rausgehe in die Oberpfalz oder nach Franken: Da setzen sich diese Golfanlagen häufig aus einer Vielzahl von Einzelgrundstücken zusammen. Und die Problematik besteht jetzt darin, dass der Grundsteuerbescheid – das ist sowohl der Grundsteuermessbetrag als auch der Hebesatz – an den Grundstückseigentümer geht. Das ist nicht der Golfclub, sondern der Verpächter. Entweder steht im Pachtvertrag gar nichts dazu drin, dann zahlt die Grundsteuer der Verpächter. Oder im Vertrag ist geregelt, dass der Pächter zahlt. Der Golfclub kann sich aber gegen den Grundsteuerbescheid selbst nicht wehren – er ist ja nur der Pächter, er muss ja nur bezahlen. Er braucht also seine Verpächter, um gegen diese Steuerbescheide gerichtlich vorzugehen. Da braucht er von jedem eine Vollmacht oder eine Verabredung eines gemeisnamen Vorgehens.

Also müssen Eigentümer und Golfplatz zusammenarbeiten, damit eine Klage möglich ist?
Ja, wenn der Grundstückseigentümer die Grundsteuer bezahlt und jetzt plötzlich mit hohen Grundsteuern belastet wird, kommt der natürlich auf den Golfclub zu und sagt: „Nein Leute, so geht das nicht mehr. Jetzt zahle ich ja unter Umständen mehr Grundsteuer, als ich von Euch Pacht bekomme.“ Und dann versucht er das auch wieder auf den Golfplatz umzulegen. Die Schwierigkeit liegt in der praktischen Handhabung und Abwicklung. Ich habe eine Golfanlage in der Oberpfalz, die ganz massiv von dieser Stückelung betroffen ist. Ein perfektes Beispiel für die Problematik. Man muss die einzelnen Grundstückseigentümer dazu gewinnen: „Gebt mir wenigstens eine Vollmacht, ich stelle Euch von den Kosten frei, Hauptsache ich kann dagegen vorgehen.“ Das ist ganz schwierig. Die Steuerberater sind häufig mit anderen Aufgaben betraut, sind auch nicht so im Thema drin. Für Anwälte lohnt es sich nicht wirklich, weil der Streitwert nicht hoch ist.

Gibt es mehrere Golfplätze im Freistaat, deren Existenz tatsächlich gefährdet ist?
Ja, eine Handvoll Golfanlagen haben mir gesagt: „Wenn es dabei bleibt, dann machen wir dicht.“ Und damit würden wir einige unserer besten, schönsten Golfanlagen in Bayern tatsächlich verlieren. Und es kommt ein Problem dazu: Es gibt einen Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder, der unter Bezugnahme auf entsprechende Entscheidungen des Bundesfinanzhofs zur Grundsteuer angeordnet hat: ‚Wenn ein Steuerpflichtiger den Nachweis führt, dass die Bewertung deutlich zu hoch ist, müssen die Finanzbehörden die sofortige Vollziehung des Grundsteuerbescheides außer Kraft setzen.‘ Dieser Erlass gilt aber nicht für Bayern.
Die Konsequenz: Wenn in Bayern diese Grundsteuerbescheide an die Grundstückseigentümer rausgehen, müssen die bezahlen. Und dann kommt der Rückfluss an den Golfclub – und auch er muss es bezahlen. Ich habe hier also keine Aussetzung des Vollzugs. Auch Rechtsbehelfe gegen diese Bescheide verhindern nicht, dass man trotzdem zahlen muss. Sie wissen, wie lange so ein Verfahren dauert. Das geht eventuell bis zum Bundesfinanzhof, kann vier, fünf Jahre dauern. Wenn man also bis dahin einen Grundsteuerbescheid hat in Summe von 80.000 Euro mal fünf – wer soll denn das bezahlen?
Wobei ich sagen muss, dass wir da in Bayern noch auf der glücklichen Seite sind, weil wir keine Gutachten brauchen und dergleichen mehr, wie im restlichen Bundesgebiet. Dort sieht die Grundsteuerproblematik noch viel schlimmer aus. Da gibt es teilweise Grundsteuermessbescheide, die die Golfplätze mit Millionenwerten bewertet haben. Und ich will nicht das bayerische Grundsteuergesetz in Bausch und Bogen verurteilen. Für die meisten Bürger ist das sehr transparent und nachvollziehbar. Vor allem ist man hier nicht mit teuren Gutachten wie in anderen Bundesländern betroffen. Aber jede Vereinfachung hat ihre Schwächen, und diese Schwäche offenbart sich hier im Rahmen der wirtschaftlichen Nutzung von Grundstückseinheiten. Und solange diese nicht auf der Basis eines Pachtvertrages anerkannt werden, kommt es zu diesen extremen Bewertungsunterschieden.

Was würden Sie betroffenen Golfplatzbetreibern raten?
In einem Rechtsstaat gibt es ja immer die Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen. Und wenn das bei der Finanzbehörde erfolglos ist, dann eben Klage zu erheben. Wir als Verband fühlen uns verpflichtet, eine besonders extrem betroffene Golfanlage im Rahmen eines Musterverfahrens zu unterstützen. Im Moment sieht es so aus, dass die Finanzverwaltung sagt: Wenn da extreme Grundsteuerwerte rauskämen, solle man gegenüber der Gemeinde, die die Grundsteuer erhebt, einen Erlassantrag stellen. Das ist aus unserer Sicht eine völlig unbefriedigende Aussage, da der einzelne Steuerbürger keinen Anspruch auf Erlass hat. Der ist vollständig vom Goodwill des Gemeinderats abhängig und er muss den Antrag jedes Jahr neu stellen. Und wir Golfer sind nach wie vor immer diejenigen, die klischeemäßig, wenn irgendwo was schief lief, als Prügelknabe herangezogen werden: „Die waren’s wieder“. Das wird bei der Grundsteuer auch passieren, da steht dann jemand auf und sagt: „Warum sollen wir ausgerechnet für die die Grundsteuer erlassen?“ Damit ist der Antrag dann gestorben.

Steckt in den Köpfen noch das Klischee der reichen Golfer?
So ist es, ja. Jetzt sind wir mühsam so weit, dass der Golfsport von all diesen Dingen, die man ihm vorgeworfen hat, befreit ist. Sie können heute Golf spielen, Sie brauchen keine Investitionszulage mehr zahlen, keine Aufnahmegebühr. Jeder Golfclub nimmt Sie gerne auf, wenn Sie nur ihren Jahresbeitrag zahlen. Golf ist völlig normal erschwinglich. Es braucht nicht mehr diese Investitionssummen, die meine Generation noch bezahlt hat. Und trotzdem werden wir jetzt wieder in die Ecke gestellt: „Die können es sich doch leisten.“ Das kriegt man aus den Köpfen nicht raus. Wie hat ein Kanzlerkandidat der SPD gesagt? „Golffahrer sind mir lieber als Golfspieler.“

Sie haben auf der Website des BGV Handlungsempfehlungen für Golfplatzbetreiber und einen Grundsteuerrechner. Welche Rückmeldungen gibt es bisher?
Unsere Geschäftsstellenführerin wird jeden Tag mit Anfragen bombardiert. „Was sollen wir denn jetzt machen?“ Ja Leute, Ihr müsst Eure Einsprüche einlegen. Wir haben schon vor drei Jahren gesagt: Achtung, die Grundsteuerreform kommt auf Euch zu. Aber Sie wissen ja, wie das ist: Sie gehen auch erst zum Zahnarzt, wenn Ihnen der Zahn wehtut. Jetzt kommen die Bescheide so nach und nach und die Kollegen fallen aus allen Wolken: „Oh, das betrifft ja uns, das haben wir gar nicht gedacht.“

Den Grundsteuerrechner braucht man jetzt ja nicht mehr, weil die Bescheide schon kommen..
Stimmt, aber man kann anhand des Rechners auch sehen: Liege ich außerhalb der Norm, wenn ich alle Grundsteuerbescheide, die bei mir auf dem Tisch liege, zusammenfasse? Was zahle ich im Vergleich zu einer Golfanlage, bei der die Grundstücke aus einer Hand kommen? Wenn ich da eine Divergenz habe, ist das ein Ansatz zu sagen: Dagegen gehe ich vor. Es gibt eine Ausnahme, bei der auch viele Grundstücke verschiedener Verpächter eine wirtschaftliche Einheit bilden können: Ein Golfplatz stellt ein Erbbaurechtsbauwerk dar. Man könnte also einen Golfplatz durch ein Erbbaurecht absichern, auch wenn der Golfplatz auf Grundstücken verschiedener Eigentümer liegt. Dann auf einmal würde nach dem bayerischen Grundsteuergesetz und dem Bewertungsgesetz diese wirtschaftliche Einheit so gewertet, als wenn das Grundstück aus einer Hand käme.

Wie kann man einen Platz durch Erbbaurecht absichern lassen?
Na ja, die Lösung ist eher theoretisch, denn Sie müssten die verschiedenen Grundstückseigentümer dazu bringen, zur Sicherung des Golfplatzbauwerkes ein Erbbaurecht zu bestellen. Das scheitert häufig in der Praxis, weil die Eigentümer ihren Grundbesitz nicht mit einem im Grundbuch eingetragenen Recht belasten wollen oder damit nicht umgehen können. Pachtvertrag ja, das kennt der Bürger, das ist normal, das andere ist schon zu spezifisch.

Was ist Ihre Prognose, wie es weiter geht – wird sich eine Lösung finden lassen?
Im Moment habe ich wenig Hoffnung. Wir haben alles probiert, wir haben alle betroffenen bayerischen Ministerien angeschrieben. Der einzige Minister, der reagiert hat, und wirklich exzellent reagiert hat, ist unser Sportminister Herrmann. Der hat an den Finanzminister geschrieben: „Bitte kümmer‘ Dich drum. Im Interesse des Sports bitte ich Dich, eine faire Lösung zu finden.“ Aber er beißt wohl genauso wie wir auf Granit. Ich denke, wir müssen tatsächlich versuchen, über ein Musterverfahren die Gerichte dazu zu bewegen, zu sagen: „Ja, das passt nicht.“ Sehen Sie es mal so: Der bayerische Gesetzgeber hat gesagt: ‚Wenn ein Grundstück für eine Solaranlage genutzt wird, dann fällt es unter die landwirtschaftliche Nutzung bei der Bemessung der Grundsteuer.‘ Das ist ein Gewerbebetrieb, der ein Grundstück gewerblich zur Stromerzeugung nutzt! Wenn der Gesetzgeber will, geht es also.

Ich drücke die Daumen, dass es für die bayerischen Golfplätze auch ein gutes Ende nimmt und danke für das informative Gespräch.

Das Interview führte: Ulrike Kühne

Grundsteuerrechner und Handlungsempfehlungen des BGV
In Bayern gibt es die Grundsteuer A für land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen. Golfplätze werden nicht als solche gezählt und fallen damit unter die Grundsteuer B. Klicken sie auf den Link, um zum Grundsteuerrechner und den Handlungsempfehlungen des Bayerischen Golfverbands zu kommen.
bayerischer-golfverband.de/grundsteuer
Interview Arno Malte Uhlig
Interview Arno Malte Uhlig
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